"Das ist Krieg"...Syrer fliehen in die Türkei
Syrer fliehen in die Türkei
Nachdem mehr als 100 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet wurden, fliehen hunderte Syrer in die Türkei aus Angst vor Racheakten. Dabei ist noch gar nicht klar, wer für die Toten verantwortlich ist. Angeblich sollen sich die Soldaten geweigert haben, auf Zivilisten zu schießen.
Nach dem tödlichen Angriff auf Dutzende Soldaten bei den Unruhen in Syrien sind mindestens 200 Einwohner der Kleinstadt Dschisr al-Schogur in die benachbarte Türkei geflüchtet. Die Bewohner der Ortschaft fürchteten einen Racheangriff der Regierungstruppen, berichtete die türkische Tageszeitung "Zaman".
Das syrische Regime zeigte Bilder von der Beerdigung der toten Soldaten.
Das syrische Regime zeigte Bilder von der Beerdigung der toten Soldaten.
(Foto: dapd)
Der Nachrichtensender Al-Arabija hatte am Dienstag gemeldet, die gefürchtete 4. Brigade der Armee sei auf dem Weg in die Kleinstadt, in der nach offiziellen Angaben 120 Angehörige der Sicherheitskräfte getötet worden waren. Die Brigade wird von Maher al-Assad, einem Bruder des Präsidenten Baschar al-Assad, kommandiert.
Die Regierung in Damaskus hatte erklärt, bewaffnete Extremisten hätten in Dschisr al-Schogur Soldaten und Wachleute aus dem Hinterhalt getötet. Mehrere Exil-Oppositionelle sagten dagegen, die Soldaten seien von Angehörigen der Armee erschossen worden, weil sie sich geweigert hätten, in Dschisr al-Schogur auf unbewaffnete Zivilisten zu schießen. Die Ortschaft liegt knapp 20 Kilometer von der türkischen Grenze entfernt.
Türkei bereitet sich vor
Wer für die Toten verantwortlich ist, ist noch nicht geklärt.
Wer für die Toten verantwortlich ist, ist noch nicht geklärt.
(Foto: dapd)
Die Türkei ist seit einigen Wochen darauf vorbereitet, notfalls tausende Syrer in Zeltstädten unterzubringen. Nach Angaben des türkischen Außenministeriums sind seit Beginn der Protestwelle im März etwa 420 Menschen aus Syrien in die Türkei gekommen. Berichte, wonach die visafreie Einreise von Syrern in die Türkei wegen des Konflikts ausgesetzt wurde, seien falsch, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Ankara.
Die Flüchtlinge aus Dschisr al-Schogur erhoben schwere Vorwürfe gegen die Sicherheitskräfte Assads. Es habe Hubschrauber-Angriffe, Razzien und Misshandlungen durch Soldaten gegeben. "Das ist Krieg", sagte einer der Flüchtlinge. Begonnen habe die Gewaltorgie am vergangenen Freitag, sagte der syrische Familienvater, der im staatlichen Krankenhaus der türkischen Stadt Antakya wegen einer Schussverletzung an einer Hand behandelt wurde. Nach einem Begräbnis für einen Regimegegner habe die Armee plötzlich von Hubschraubern aus auf die Bewohner der Stadt geschossen. Am Samstag seien dann Soldaten einmarschiert. "Sie verwüsteten die Häuser, schlugen die Frauen, überall wurde geschossen."
Frankreich verlangt UN-Resolution
Angesichts des gewaltsamen Vorgehens gegen die Regimegegner dringt Frankreich auf eine Verurteilung Syriens durch den UN-Sicherheitsrat. "Es ist unverständlich für uns, wie die Vereinten Nationen eine solche Situation schweigend hinnehmen können", sagte der französischen Außenminister Alain Juppé. Er forderte das höchste UN-Gremium auf, über den Resolutionsentwurf abzustimmen, den die vier europäischen Ratsmitglieder, darunter auch Deutschland, ihm vorgelegt hatten.
Von den fünf Vetomächten im Sicherheitsrat, den USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien, dürften außer den beiden Europäern auch die USA der Ermahnung in Richtung Damaskus zustimmen. Fraglich ist jedoch, ob Russland den Vorstoß wegen seiner guten Beziehungen zur Regierung von Assad nicht mit einem Veto abwürgen würde. Das Papier verlangt von Damaskus unter anderem, umgehend das brutale Vorgehen gegen Demonstranten einzustellen.
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