Henning Mankell im Interview: „Die aktuelle Politik der Israelis ist eine Art der Apartheid“
Der Krimi-Autor Henning Mankell fuhr an Bord der Solidaritätsflotte Richtung Gaza und kam in israelisches Gewahrsam. Im Interview mit Handelsblatt Online spricht er über die ihm unterstellte Naivität, sein Verhältnis zur Hamas und die Vorwürfe des Antisemitismus.
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Autor Mankell: So alt wie der Konflikt zwischen Israelis und Palestinensern. Quelle: dpaLupe
Autor Mankell: So alt wie der Konflikt zwischen Israelis und Palestinensern. Quelle: dpa
Herr Mankell, Sie waren bis vor einigen Tagen in israelischem Gewahrsam, aufgrund Ihrer Teilnahme an der sogenannten Gaza- Solidaritätsflotte. Zuvor wurden Sie an Bord verhaftet, wie die anderen Teilnehmer auch. Haben Sie diese Erlebnisse schon verarbeitet?
Das wird sicherlich noch eine Weile dauern. 680 Menschen, aus 35 Ländern, wurden festgenommen, Neun Menschen starben, unzählige andere wurden verletzt. Die Israelis haben uns in Internationalen Gewässern aufgebracht, es handelt sich also um einen Akt der Piraterie. Indem Sie das Schiff angegriffen haben und nach Israel brachten, haben sie uns entführt. Von den tödlichen Ereignissen, an Bord des anderen Schiffes, erfuhr ich erst nach meiner Abschiebung aus Israel, wir wurden dort von allen Nachrichten isoliert.
Man wirft Ihnen jetzt Naivität vor. Ein Teil der Organisatoren dieser Flotte, wie beispielsweise die türkische IHH, sind höchst umstritten, gelten als extremistisch und Geldgeber der Hamas. Beschleicht Sie das Gefühl, Ihre Solidarität für die Menschen in Gaza wurde eventuell missbraucht?
Wissen Sie, ich lebe seit Jahrzehnten in Afrika, in Mosambik, da vergeht einem wirklich jegliche Naivität. Ich bin kein Anhänger der Hamas und stehe dieser Organisation sehr kritisch gegenüber. Niemals würde ich mich vor den Karren der Hamas spannen lassen, oder anderer Organisationen aus diesem Spektrum. Bei meiner Teilnahme ging es mir lediglich um das Wohl der Menschen in Gaza.
Wie würden Sie Ihr Verhältnis gegenüber Israel definieren, vor den jüngsten Ereignissen, waren Sie schon immer ein Anti-Zionist?
Ich bin so alt wie der israelisch-palästinensische Konflikt.1948, in meinem Geburtsjahr, wurde Israel gegründet. Die Ereignisse im Nahen Osten, in Israel und Palästina, waren daher auch immer Bestandteil meiner politischen Sozialisation. Weder bin ich Antisemit, wie mir jetzt gelegentlich unterstellt wird, noch ein Anhänger islamistischer Strömungen. Aber ich bin gegen die aktuelle Politik der Israelis gegenüber den Palästinensern, denn das ist eine Art der Apartheid. Ich war gegen diese Art von Politik in Südafrika, ich bin es auch jetzt.
Von George Bernard Shaw stammt das Zitat“ Hütet Euch vor alten Männern, denn sie haben nichts zu verlieren!“ Könnte diese Aussage auch inzwischen das Leitmotiv ihrer politischen und schriftstellerischen Arbeit sein? In Ihrem neuen Buch „Der Feind im Schatten“ kratzen sie beispielsweise am Mythos der schwedischen Neutralität, während des Kalten Krieges.
Ich bin sehr leidenschaftlich, was die Politik und das Schreiben betrifft, genau wie früher, als ich noch jung war. Eine gewisse Wut habe ich immer verspürt, daran hat sich auch nichts geändert. Solidarität war und ist das Leitmotiv meiner politischen und schriftstellerischen Arbeit.
Wäre Kurt Wallander, der Held Ihrer Romane, den Sie uns in dem erwähnten Buch zum letzten Male präsentieren, auch mit einem Schiff nach Gaza gereist?
Wallander und ich haben nicht so viel gemeinsam. Er ist ein Mann aus der südschwedischen Provinz, der die Welt nicht besonders gut kennt, der aber mit den Problemen der Welt konfrontiert wird. Er hat auch nicht besonders viel Glück mit den Frauen, das ist bei mir Gott sei Dank anders. Vielleicht wäre er an Bord gegangen, wenn die Umstände es erfordert hätten, von alleine aber wohl eher nicht.
http://www.handelsblatt.com/politik/inte...id;2594766